CAR-T Therapie
Chimärer Antigen Rezeptor T-Zell Therapie (CAR-T Therapie) ist eine Gen-Zelltherapie die das Immunsystem des Patienten reprogrammiert um eine Krankheit zu bekämpfen. Wie funktioniert CAR-T Therapie und gegen welche Krankheiten wird sie derzeit eingesetzt?
Was wissen wir?
CAR-T (chimärer Antigen Rezeptor T-Zell) Therapie, ist eine personalisierte Behandlung gegen Krebs. Patienteneigene Immunzellen (weiße Blutkörperchen) werden dem Körper entnommen. Im Labor werden aus dem Blut des Patienten T-Zellen isoliert. Diese Immunzellen spüren kranke Zellen im Körper auf und zerstören sie. Diese T-Zellen werden im Labor „reprogrammiert“ um Zellstrukturen, genauer Antigene, auf den Krebszellen des Patienten zu Erkennen. Nach dieser Reprogrammierung werden die Zellen CAR-T Zellen genannt.
Diese CAR-T Zellen werden in großer Zahl im Labor generiert und dann als Infusion zurück in den Körper des Patienten geleitet. Vor der Infusion bekommt der Patient eine Behandlung, welche die Zahl der eigenen T-Zellen reduziert um die Aufnahme der CAR-T Zellen zu verbessern.
Da dies ein komplexer Prozess ist, wird CAR-T Zell Therapie erst eingesetzt, nachdem häufiger verwendete Behandlungen erfolglos blieben. CAR-T Zell Therapie ist momentan von der EMA für die Behandlung von akuter lymphoblastischer B-Zell Leukämie bei Kindern und jungen Erwachsene sowie für die Behandlung von Diffusem Großzelligem B-Zell-Lymphom, Primärem Mediastinalem B-Zell-Lymphom und Multiplem Myelom in Erwachsenen.
Was untersuchen Wissenschaftler momentan?
Wissenschaftler untersuchen zurzeit, ob CAR-T Therapien eines Tages dazu genutzt werden können verschiedene Formen von Krebs, darunter auch solide Tumore, zu behandeln. Dies erfordert das Wissen darüber, wie T-Zellen reprogrammiert werden können um verschiedene Krebsarten oder auch mehrere Antigene zu erkennen. Wissenschaftler untersuchen außerdem die Möglichkeit CAR-T zur Behandlung von Autoimmunerkrankungen und Infektionserkrankungen wie HIV einzusetzen.
Es wird weiter erforscht, wie die Antwort der CAR-T Zellen auf das Zielantigen verändert werden kann. Dies könnte helfen, Nebenwirkungen der Behandlung abzumildern und das Risiko für Patienten zu reduzieren.
Wissenschaftler arbeite daran, Spenderzellen (allogene Zellen), anstatt Patienten eigene Zellen (autologe Zellen) für die CAR-T Therapie benutzen zu können. Patienten mit Blutkrebs haben unter Umständen nur eine geringe Anzahl an Blutzellen, die nicht ausreicht um genügend weiße Blutkörperchen für die CAR-T zu isolieren. Mit CAR-T aus Spenderzellen könnte die Behandlung für ein breiteres Spektrum an Patienten zur Verfügung gestellt werden.
Was sind die Herausforderungen?
CAR-T ist momentan nur für wenige Patienten und unter bestimmten Umständen angemessen.
CAR -T ist eine hoch personalisierte Behandlung. Patienten mit einer Krebsart die mit CAR-T behandelt werden kann, könnten enttäuscht sein, wenn sie erfahren dass sie nicht für die Therapie in Frage kommen. Ein Gesundheitsteam muss die individuellen Umstände jedes Patienten berücksichtigen. Diese beinhalten den allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten zum Zeitpunkt der Entscheidung und die vorangegangenen Behandlungen. Das Gesundheitsteam muss auch in Betracht ziehen in wie weit die Behandlung die Eignung für weitere zukünftige Therapien beeinflusst.
Bei Patienten mit Blutkrebs kann die Anzahl an Blutzellen unter Umständen sehr gering sein, was es schwierig macht, genug weiße Blutkörperchen zu gewinnen. Es kann auch sein, dass die dem Patienten entnommenen Zellen im Labor nicht wachsen. In diesem Fall kann es erforderlich sein, dem Patienten ein zweites Mal Blutzellen zu entnehmen, was den Vorgang verlangsamt.
Auch in Patienten die als fit genug für CAR-T Therapie eingestuft werden besteht das Risiko, dass die Krebserkrankung voranschreitet und bis zur Fertigstellung eine Überbrückungstherapie von Nöten ist, welche die Eignung für die Behandlung mit CAR-T herabsenkt.
Die Entwicklung von CAR-T für solide Gewebe
Auf krebsartige Blutzellen kann mit einer CAR-T Zell Infusion abgezielt werden, die dann durch das gesamte Gefäßsystem zirkuliert. Solide Tumore erfordern gezieltere Verabreichungsmethoden, damit das Krebsgewebe vollständig von den CAR-T-Zellen infiltriert werden kann.
Nebenwirkungen
CAR-T birgt Risiken schwerwiegender Nebenwirkungen.
Da CAR-T die Immunaktivität stimulieren, können Sie eine Überreaktion des Immunsystems hervorrufen, was als Zytokinsturm bekannt ist. Dies ist eine schwerwiegende Reaktion, die zu Organversagen und Tod führen kann. Wenn es rechtzeitig erkannt wird kann man die Überreaktion erfolgreich behandeln.
CAR-T birgt auch die Gefahr neurologischer Nebenwirkungen. Es wurde über eine Reihe an neurologischen Symptomen berichtet, darunter Tremor, Fieberwahn und Krampfanfälle. Manche dieser Effekte vergehen mit der Zeit während andere länger anhalten. Die langfristigen Folgen dieser Nebenwirkungen werden noch untersucht.
CAR-T für Blutkrankheiten
Derzeit sind CAR-T nur für die Behandlung bestimmter Blutkrebsarten zugelassen. Forscher untersuchen momentan ob sie auch zur Behandlung anderer blutbezogener Erkrankungen wie Autoimmunerkrankungen und Infektionskrankheiten eingesetzt werden können.
Blutbedingte Krankheiten, insbesondere Krebs, stellen eine einzigartige Behandlungsherausforderung dar. Im Gegensatz zu soliden Tumoren oder Geweben, sind die Krankheiten diffus und nicht auf eine bestimmte Stelle begrenzt. Da Blut ein sich ständig selbst erneuerndes Gewebe ist, kann die Produktion fehlerhafter Zellen die Gesamtfunktion des Blutes beeinträchtigen. Fehlerhafte Zellen werden im Vergleich zu normalen Zellen häufig schneller produziert. Das bedeutet, dass sie nicht nur funktionell beeinträchtigt sind, sondern auch, dass sie schneller proliferieren und die anderen Zelltypen verdrängen.
Car-T sind ein wirkungsvolles Tool zur Bekämpfung von Blutkrankheiten, da es sich nicht um eine lokalisierte Behandlung handelt. Sobald die modifizierten CAR-T Zellen dem Patienten infundiert wurden verteilen sie sich im gesamten Blutkreislauf und greifen Krebszellen auf.
Herstellung von CAR-T Zellen
Bei der Verwendung patienteneigener Zellen (autologe Zelltherapie), wird dem Patienten eine Blutprobe entnommen. Aus dem Blut werden die weißen Blutkörperchen von den anderen Blutbestandteilen getrennt. Die weißen Blutkörperchen werden ins Labor transportiert und die verbleibenden Bestandteile werden in den Körper des Patienten reinfundiert. Wenn der Patient Zellen von einem anderen Spender erhält (allogene Zelltherapie), wird der Spender diesen Prozess durchlaufen.
Im Labor isolieren Wissenschaftler die T-Zellen. (Die Isolation einer Subpopulation von Zellen wird auch Purifikation oder Aufreinigung von Zellen genannt.) T-Zellen sind Immunzellen, die körperfremden Zellen erkennen und gezielt zerstören. Sie erkennen Zellen als körpereigen oder körperfremd durch die Anwesenheit oder Abwesenheit spezifischer Proteine auf der Zelloberfläche. Diese Proteinmarkierungen werden Antigene genannt.
Wenn die T-Zellen isoliert wurden, verändern die Wissenschaftler ihre DNA. Sie tun dies, indem sie die T-Zellen einem modifizierten, harmlosen Virus aussetzen. Das Virus fügt ein neues Gen in die T-Zellen ein, das die T-Zellen darauf programmiert, ein Protein zu produzieren, dass aus zwei Bauteilen besteht. Der erste Teil – ein Antigen Rezeptor – befindet sich dann auf der Außenseite der Zelle und erkennt das Antigen. Der zweite Teil, im inneren der Zelle, weist die T-Zelle an, die Krebszelle zu zerstören sobald das Antigen erkannt wird. Da diese beiden Bauteile miteinander verbunden sind, werden diese Rezeptoren als chimäre Antigenrezeptoren bezeichnet, und T-Zellen die auf diese Weise modifiziert wurden, werden chimäre Antigenrezeptor-T-Zellen (CAR-T Zellen) genannt. Die CAR-T Zellen werden im Labor gezüchtet bis es Millionen von ihnen gibt.
Wenn genügen Zellen vorhanden sind, werden sie aufgereinigt um sicherzustellen, dass nur die neuen CAR-T Zellen, und keine ursprünglichen, unmodifizierten T-Zellen enthalten sind. Außerdem werden sie im Labor getestet um sicher zu stellen, dass sie funktional sind und eine hohe Qualität aufweisen. Wenn dies bestätigt wurde werden die Zellen zurück in die Klinik transportiert.
Eine CAR-T Therapie erhalten
Vor Erhalt der modifizierten CAR-T Zellen, wird der Patient einer gezielten Chemotherapie unterzogen, um die Anzahl seiner weißen Blutkörperchen zu reduzieren. Dies wird lymphodepletierende Chemotherapie genannt. Dies ist notwendig, damit die CAR-T Zellen nicht mit den eigenen T-Zellen des Patienten „konkurrieren“,sondern stattdessen die im Immunsystem entstandene Lücke schließen. Dieser Prozess dauert 3-5 Tage.
Nach Abschluss der lymphodepletierenden Chemotherapie erhält der Patient eine Infusion mit seinen CAR-T Zellen. Dieser Vorgang dauert etwa 30 Minuten. Die CAR-T Zellen können dann damit beginnen Krebszellen ausfindig zu machen und zu zerstören, wie typische T-Zellen die eine Infektion ausfindig machen und bekämpfen.
Der Patient wird weiterhin überwacht werden, um die Wirkung der Behandlung auf den Krebs zu beurteilen und Nebenwirkungen zu beobachten
Erfolgreiche Behandlung
CAR-T Therapie hatte vielversprechende Erfolgsraten in Studien und die zugelassenen Anwendungen können Patienten Hoffnung geben, bei denen andere Behandlungen erfolglos waren. Dank erfolgreicher Behandlung gibt es jetzt Blutkrebspatienten in Remission. Zwei Patienten aus England, die 2019 behandelt wurden teilten ihre Geschichten.
Sophie erzählte ihre Geschichte bei Leukaemia Care (auf Englisch).
Nitya teilte ihre Geschichte mit NHS Blood and Transplant.
Jeder , der eine CAR-T Therapie in Betracht zieht sollte seine individuelle Situation mit seinem Arzt besprechen, um zu verstehen, ob die Therapie geeignet ist oder nicht, und um über die Erfolgsaussichten sowie potentielle Vorteile und Risiken aufgeklärt zu werden.
Eignung zur Behandlung
Derzeit sind CAR-T nur für die Behandlung bestimmter Blutkrebsarten zugelassen. Da CAR-T Therapie ein hoch-komplexes Verfahren mit erheblichen Risiken ist, wird sie nur angeboten, wenn ein Patiente auf mindestens zwei weitere Routinebehandlungen für seinen Krebs nicht angesprochen hat.
CAR-T sind eine hochgradig personalisierte Behandlung – nicht nur auf genetischer Ebene, sondern auch hinsichtlich des spezifischen Patienten, seines derzeitigen Gesundheitszustandes und seiner Behandlungshistorie. Patienten, die an einer Krebsart leiden, die für CAR-T Behandlung zugelassen ist können enttäuscht sein, wenn sie erfahren, dass sie nicht zur Behandlung in Frage kommen.
Manche Patienten eignen sich wegen vorangegangener Behandlungen nicht für CAR-T. Ebenso werden nach Erhalt von CAR-T einige andere Therapiemöglichkeiten wegfallen. Sie sollten ihren Arzt fragen ob dies in ihrem Fall zutrifft. Die Wahl zwischen möglichen Therapien ist eine sehr persönliche Entscheidung und ihr Arzt und ihr medizinisches Versorgungsteam sollten sie während dieses Prozesses unterstützen und informieren.
Da CAR-T Therapie eine Immundepletion erfordert und erhebliche Risiken birgt, muss der behandelnde Arzt entscheiden, ob der Patient gesund genug ist, um den Prozess zu durchlaufen. Das Pflegeteam eines Patienten kann entscheiden, dass der Gesundheitszustand des Patienten zu schlecht ist, um das Risiko zu rechtfertigen.
Risiken und Nebenwirkungen
CAR-T bergen das Risiko schwerer Immunreaktionen, die das Immunsystem (immunologische Wirkungen) und das Nervensystem (neurologische Wirkungen) betreffen.
Immunologische Nebenwirkungen
Da die CAR-T Therapie eine Immunantwort stimuliert, kann eine übermäßige Immunreaktion hervorgerufen werden, die als Zytokinsturm bezeichnet wird. Darunter fallen das Zytokin-Freisetzungssyndrom (CRS, vom englischsprachigen Begriff cytokine release syndrome) sowie die Hämophagozytische Lymphohistiozytose (HLH), auch Makrophagenaktivierungssyndrom genannt.
Charakteristisch für einen Zytokinsturm ist die Überproduktion bestimmter Immunzellen und eine übermäßige Entzündungsreaktion. Das Immunsystem produziert einen Überschuss an weißen Blutkörperchen. Diese weißen Blutkörperchen setzen Signalmoleküle frei die Zytokine genannt werden. Diese Zytokine verursachen eine Entzündungsreaktion, eine natürliche Reaktion des Immunsystems auf eine Infektion. Diese Entzündung stößt die Produktion von noch weiteren weißen Blutkörperchen an, welche wiederum mehr Zytokine produzieren, wodurch eine Rückkopplungsschleife entsteht. Dies kann zu einer systemischen Entzündung, hypovolämischem Schock und Multiorganversagen führen.
Obwohl diese Reaktionen tödlich sein können, können sie normalerweise erfolgreich behandelt werden, wenn die Symptome früh erkannt werden.
Neurologische Nebenwirkungen
Die neurologischen Nebenwirkungen der CAR-T Therapie werden Neurotoxizität oder ICANS (aus dem Englischen von immune effector cell-associated neurotoxicity syndrome) genannt. Das Spektrum möglicher Symptome umfasst Kopfschmerzen, Angstzustände, Schlafstörungen, Fieberwahn, Tremor, Krampfanfälle sowie Sprach- oder Bewegungsstörungen. Wissenschaftler untersuchen noch die Dauer dieser Effekte; manche Patienten berichten, dass die Symptome mit der Zeit nachlassen, während in anderen Fällen die Auswirkungen eine kontinuierliche Behandlung erfordern.
Dies ist keine vollständige Liste möglicher Nebenwirkungen. Je nach Behandlungsvorgeschichte oder Begleiterkrankungen besteht ein größeres oder geringeres Risiko für bestimmte Nebenwirkungen. Ihr Arzt kann Sie zu den Risiken dieser Therapie unter Ihren spezifischen Umständen informieren.
Mögliche weitere Anwendungen
Forscher arbeiten derzeit daran, CAR-T Zellen mit einer Reihe von Antigenrezeptoren auszustatten, die auf andere Arten von Blutkrebs abzielen.
Forscher überprüfen außerdem ob die Therapie angepasst werden kann um Krankheiten zu behandeln, deren Aktivität diffus, zerstreut ist, nicht örtliche begrenzt, wie Infektionskrankheiten oder Autoimmunkrankheiten.
Wissenschaftler untersuchen ob CAR-T auch zur Behandlung von soliden Tumoren eingesetzt werden können. Neben der Entwicklung von CAR-T Zellen zur Erkennung krebsspezifischer Antigene versuchen die Forscher festzustellen, welche Methode am effektivsten und sichersten ist, um die CAR-T Zellen zum Tumor zu bringen.
Weitere Quellen
Leitfaden für Patienten und Betreuer:
Weitere Fakten (in Deutch):
Weitere Factsheets (in Englisch):
Erfahrungen von Patienten (in Englisch):