Elke Luger: Eine überschaubare Regulatorik ist auch für internationale Investoren maßgeblich, die schnell ihre Mittel für diese hochaktuellen und sehr technischen Prozeduren zur Verfügung stellen wollen. Wenn das in Deutschland so umständlich ist und gesetzliche Unterschiede in den einzelnen Bundesländern so groß sind, dann ist es einfacher, Venture Capital in Frankreich oder Italien unterzubringen, wo es nur ein zugrundeliegendes Gesetz gibt.
GSCN: Wie ändert man solche Regulatorien und Bürokratie in Deutschland?
Elke Luger: Den Föderalismus können wir natürlich nicht abschaffen. Aber Handreichungen auszuarbeiten, auf die sich die einzelnen Landesgesetze als Handlungsanleitungen stützen können, ist ein Ziel unserer Nationalen Strategie für Gen- und Zelltherapien.
Claudia Waskow: Eine Herangehensweise wäre auch, mit den entsprechenden Gruppierungen bei der Deutschen Forschungs Gemeinschaft (DFG) zu kooperieren.
Daniel Besser: Das Problem ist weiterreichend: Die Herstellungserlaubnis für Zell- und Genprodukte kommt in Deutschland zusätzlich von den Länderbehörden und nicht vom Paul Ehrlich Institut (PEI) oder nur von der Europäischen Medicine Agency (EMA). Wir haben also zwei Seiten, die regulatorische Ansprüche stellen: die Länderbehörden und die EMA – und die stimmen oft nicht überein. Hier sollten gemeinsame Ideen und Regulatorien gefunden werden.
GSCN: Wie werden Forschende von der nationalen Strategie zur Zell- und Gentherapien profitieren und wie können sie sich einbringen?
Elke Luger: Einbringen konnten sie sich in den Entwicklungs- und Schreibprozess, wo es darum ging, Defizite aufzuzeigen und Lösungen vorzuschlagen, um den ganzen Themenkomplex voranzubringen. Wir wollen aber auch danach diesen Spirit der Zusammenarbeit im Netzwerkbüro GCT weiterhin nutzen und aufrechterhalten. Wir sehen uns als Plattform für Kommunikation, Information, Kooperationsmatching oder Veranstaltungen zum Thema GCT. Wir wollen auch darüber informieren, wie man Gelder akquirieren kann oder welche Förderlinien perspektivisch aufgesetzt werden, sei es deutschland- oder europaweit. Das ist für Forschende zentral und da sehen wir uns in der Pflicht. Dazu kommt die Unterstützung im Scientific Advice Prozess. Aktuell bauen wir eine „regulatory support unit“ auf, die Hilfe bei den ersten Interaktionen mit dem Paul-Ehrlich-Institut anbieten wird.
Daniel Besser: Zum einen gestalten die Forschenden den Strategieprozess mit, das ist wichtig. Sobald die Strategie finanziell ausgestaltet ist, werden die bereits gut informierten Forschenden sicher gute Karten haben, ihre Projekte gefördert zu bekommen – wenn die Begutachtung erfolgreich war. Die Geldverteilung muss und wird transparent sein.
Zur Regulatorik finde ich ganz wichtig, dass Start-ups und Entwickler*innen unterstützt werden und ihnen Hilfestellungen bei ferneren Themen wie Human Resources oder Intellectual Property (IP, geistiges Eigentum) angeboten wird. Mit anderen Worten: wo kriege ich die richtigen Personen her, die mir bestimmte Dinge ermöglichen können wie GMP (Good Medical Practice) Facilities? Wie schütze ich meine Intellectual Properties? Welche Unterstützung brauchen wir bei Geldgebern und rechtlichen Dingen? Und dies als deutschlandweites Angebot!
Elke Luger: Das sehe ich genauso. Außerdem sollte eine Erweiterung in der Einstellung der Forschenden hinzukommen: In der Forschung sind bislang Publikationen die Währung von Impact.